Sie alle kennen das deutsche Sprichwort: «Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft». Doch sind Geschenke in der heutigen Zeit überhaupt noch angebracht? Was ist erlaubt und was verboten? Sind Geschenke wirklich nötig und förderlich für freundschaftliche Beziehungen mit Kunden? Einige Antworten auf eine sehr kontroverse Debatte.
Die Fragestellung kann von verschiedenen Seiten betrachtet werden. Rein juristisch müssen wir Ihnen im Business-to- Business-Bereich klar von Geschenken abraten. Vor allem dann, wenn Sie dem Bund oder bundesnahmen Betrieben Leistungen verkaufen möchten.
Ein guter Kollege hat mich bei unserem letzten Austausch im Rahmen eines Mittagessens darauf aufmerksam gemacht, dass ich ihn ruhig zum Essen einladen dürfe. Ich würde dann aber definitiv keine Aufträge mehr von seiner Bundesstelle erhalten. Dies sei, nach den Skandalen in der Bundesverwaltung, allen Mitarbeitenden unmissverständlich klar gemacht worden. Auch das kleinste Geschenk könne als Bestechung aufgefasst werden.
Ich bezahlte anschliessend nur mein eigenes Essen – dies sei hier ebenfalls unmissverständlich festgehalten. Und der arme Kerl bekommt nicht einmal eine kleine Aufmerksamkeit zu Weihnachten.
Geschenke und Corporate Governance
Im B2B-Bereich sind Kundengeschenke wirklich sehr heikel. Die meisten grossen Unternehmungen haben in ihrer Corporate Governance deshalb festgehalten, was in welcher Form noch akzeptiert werden darf und was nicht.
Einige davon publizieren diese Regeln im Internet (was ja auch Sinn macht, da nur was öffentlich bekannt ist, auch öffentlich gelebt werden kann). Ein gutes Beispiel sind die «Dos and Don’ts für Daimler Lieferanten».
Dort steht z.B.
Bieten Sie keine Geschenke an, die einen Wert von CHF 30.– überschreiten. Diese dürfen beispielsweise von Daimler-Mitarbeiter/-innen und ihren Angehörigen nicht angenommen werden.
Dos and Don’ts für Daimler Lieferanten
Ein solches Dokument ist für alle Firmen empfehlenswert, ob gross oder klein, um Diskussionen über dieses Thema im Vornherein zu unterbinden.
Eine grosse Bitte an Schweizer Unternehmen
Verteilen Sie die Richtlinien nicht nur an die Lieferanten, sondern veröffentlichen Sie diese im Internet! Das fördert die Glaubwürdigkeit auch gegenüber den eigenen Mitarbeitenden.
Doch wie sieht es im B2C-Bereich aus?
Auch hier gibt es sicherlich diverse gesetzliche Vorgaben, z.B. wenn es um «vermeintliche» Geschenke wie Los- oder Glücks-Gewinne geht. So ist es z.B. grundsätzlich nicht erlaubt, nur Kunden ein Los zu verschenken, d.h. die Teilnahme an einen Einkauf zu binden. Deshalb steht bei solchen Aktionen auch immer im Kleingedruckten, dass Lose auch gratis angefordert werden können, ohne Kaufzwang.
Aber auch hier wollen wir uns nicht zweit auf die Äste wagen, sonst sind juristische Voten vorprogrammiert. Deshalb nur so viel: Kleine Geschenke im B2CBereich sind extrem gute Marketing-Instrumente, sofern sie richtig eingesetzt werden.
Denn die Leute lieben Geschenke, sofern sie den eigenen Bedürfnissen und Wertvorstellungen entsprechen und nicht vom Pöstler in die Hand gedrückt werden.
Die Post musste von ihrem Versuch wieder Abstand nehmen, am Schalter Muster von Hundefutter verteilen zu lassen, da die Schweiz nun einmal aufgeteilt ist in Hunde- und Nicht-Hundebesitzer, Letztere aber mit Hundefutter überhaupt nichts anfangen können (kein Bedürfnis).
Nun werden Warenmuster nur noch in Briefkästen gelegt, an denen keine «Stopp Werbung» Kleber aufgebracht sind. Wenn Sie also künftig vermehrt Gratis-Muster in Ihren Briefkästen finden möchten, so muss dieser Kleber weg. Dass dieser Spruch funktioniert, bewies die Post vor einigen Jahren.
Geschenke und «Stopp Werbung»
Da steckte sie Pralinen in alle Briefkästen, auf denen sich kein «Stopp Werbung» Kleber befand. Anschliessend kommunizierte sie in einer grossangelegten Medienkampagne, dass eine zweite Welle eines Gratis-Pralinen-Versandes anstehen würde, aber wiederum nur für Briefkästen ohne «Stopp Werbung» Kleber.
Beim zweiten Versand musste die Post 53% mehr Pralinen verschenken, da so viele ihre Kleber entfernt hatten. Wie Nachhaltig diese Aktion war, sei dahingestellt. Sie zeigt aber sehr deutlich, wie sehr die Leute Geschenke mögen.
Verwöhnen Sie deshalb Ihre Kunden ruhig ab und zu mit Geschenken. Wobei ich Ihnen jetzt eigentlich raten müsste, Ihren Kunden nur sehr sporadisch etwas zu schenken, damit sie sich nicht daran gewöhnen.
Denn Herr Kano hat wissenschaftlich belegt, was uns rein instinktiv schon längst bewusst ist, nämlich, dass eine positive Erfahrung wiederholt werden muss, um nicht ins Negative umzuschlagen (Kano-Modell der Kundenzufriedenheit nachlesen). Oder anders ausgedrückt, wenn Sie einem Kunden einmal ein Geschenk einpacken, erwartet er das nächste Mal wieder ein Geschenk. Je öfter es aber ein Geschenk gibt, desto selbstverständlicher wird es und ein Geschenk wird auch weiterhin erwartet. Gibt es einmal keines mehr, so ist dies nicht mehr der Normalzustand, sondern eine enttäuschte Erwartung, basierend auf den bisherigen Erfahrungen.
Doch aus diesem Grund nur ab und zu ein Geschenk zu verteilen, ist wenig sinnvoll. Denn ausbleibende Geschenke können gerade dann als sehr negativ empfunden werden, wenn sichtbar wird, wie andere im Gegenzug viel erhalten.
Sie denken, niemand wird wohl auf die Idee kommen, jemanden viel zu geben und die anderen, welche leer ausgehen erst noch darüber zu informieren?
WIN-Codes und das Warten aufs Glück
Die Migros macht aber genau das. Immer in der Adventszeit mit ihrem Megajackpot-Spiel.
Alle, welche in dieser Zeit in der Migros einkaufen, erhalten WIN-Codes, die alle paar Zentimeter auf der Einkaufsquittung hinten aufgedruckt sind. Je mehr Sie einkaufen, desto länger der Einkaufszettel, desto mehr WINCodes erhalten Sie.
Das müssen Hunderttausende von WIN-Codes sein, die in den Umlauf gebracht werden. Haben Sie schon einmal teilgenommen? Alles, was Sie machen müssen, ist sich auf der Website anzumelden und den WIN-Code einzugeben. Aber haben Sie schon einmal gewonnen?
Was aber passiert, wenn Sie nun schon zum x-ten Mal einen WIN-Code eingegeben haben und nichts gewinnen, nicht einmal einen kleinen Zwei-Franken Gutschein?
Sie beginnen, das Spiel mit negativen Gedanken zu verbinden. Bei jedem anderen Anbieter würden Sie sogar an dessen Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit zweifeln.
Im letzten Jahr 2015 haben lediglich 64 Personen Beträge im Gesamtwert von über einer Million Franken gewonnen. Wieso aber beschenkt die Migros 64 Personen mit einem tollen Geschenkgutschein (keine Barauszahlung) und lässt Tausende leer ausgehen?
Dabei wurden die Preise nicht einmal «gerecht» verteilt, sondern nach Zufallsprinzip – einige erhielten bis zu CHF 50 000.– und andere lediglich ein paar Tausend Franken.
Also auch innerhalb der Gewinner wird es Unzufriedene geben, da diese kaum verstehen, weshalb der Nachbar gleich 10 mal so viel gewonnen hat.
Hat hier der Migros-Marketing-Berater versagt? Wohl kaum. Viel mehr setzen die Marketing- Strategen bei der Migros auf ein Phänomen, welches mit dem simplen Wort «gierig» bezeichnet werden kann.
Je höher die Gewinn-Aussichten, desto mehr Leute wollen mitmachen. Sehr schön lässt sich dieses Phänomen auch bei Swisslotto oder EuroMillions beobachten. Wenn ein hoher Jackpot nicht genackt wird, steigen die Losverkäufe exponentiell an, d.h. Neue wollen ihr Glück nun auch versuchen (Neukunden-Gewinnung) und Bestehende kaufen mehr als ein Los (Zusatz-Umsatz).
Was halten Sie von dieser Marketing-Taktik? Wir empfehlen jedenfalls, die Kunden gerechter zu behandeln – was würden Freunde denken, wenn sie von einer solchen Bevorzugung hören würden?