Beacons – künftige Wundermittel im Digital-Marketing?

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Was sind Beacons?

Haben Sie schon etwas von Beacons gehört? Für die einen werden Beacons das Marketing revolutionieren, für die anderen sind Beacons nichts weiter als ein weiterer kurzer Hype aus den USA, welcher sich in Europa und vor allem in der Schweiz nicht durchsetzen wird. Doch schauen wir zuerst, was Beacons genau sind, bevor wir uns auf die Diskussion einlassen, wie wertvoll diese künftig fürs Marketing sein könnten.

Technik

Technisch gesehen sind Beacons lediglich ein kleiner Bluetooth Low Energy (BLE) Sender mit Batterie, beides eingeschweisst in einen kleinen Plastikwürfel. Beacons machen nichts anderes, als permanent eine ID zu senden, welche von Apps in Smartphones empfangen und verarbeitet werden.

Damit die Beacons funktionieren, benötigt man mindestens drei Stück davon sowie sinnvollerweise ebenfalls eine Smartphone App. Doch davon später.

Schauen wir zuerst, wie ein Beacon aussieht:

Innenleben eines iBeacon

Innenleben eines Beacon von www.estimote.com

Beacons sind in verschiedenen Grössen von diversen Herstellern erhältlich, wie der Hitchhikers Guide von Aislelabs zeigt:

iBeacon-Übersicht von Aislelab

Beispiel von Beacons zusammengestellt von www.aislelabs.com

Erfunden wurden die Beacons von Apple, um zusammen mit dem Betriebssystem OS7 eine Indoor-Navigation zu ermöglichen. Deshalb wurden die Beacons zuerst Beacons «Äibikns» genannt. Mit dem Betriebssystem 4.3 Jelly Bean wurde die Technologie auch auf Android-Geräten übertragen, sodass die Beacons seither nicht mehr nur von iPhones genutzt werden können.

Um Beacons nutzen zu können, sind somit die Beacons selbst, aber auch eine mobile App auf dem iPhone oder dem Android-Gerät nötig, da nur mittels einer App eine sinnvolle Reaktion auf die Beacon-Identifikationsnummern ausgelöst werden kann.

Technisch muss man sich das so vorstellen: Eine App stellt fest, dass sie nun in den Sendebereich eines Beacons eingedrungen ist, wenn sie die Identifikationsnummer eines Beacons auffängt. Dabei kann die App über die Signalstärke feststellen, wie weit weg sie vom Beacon entfernt ist.

Beacon gleich Sender, App gleich Empfänger

Die Bluetooth Low Energy-Strahlung erreicht eine maximale Reichweite von 30 bis 60 m, je nach Hersteller.

iBeacon Entfernung

Die App kann nun so programmiert werden, dass sie je nach Entfernung anders reagiert, z.B.

  • bei 30 m eine Einladung verschickt, den Laden zu betreten
  • bei 5 m einen Hinweis gibt, dass sich das Produkt einen Stock höher befindet
  • bei 0,5 m angibt, ob sich das Produkt auf Augenhöhe, höher oder tiefer befindet sowie was man mit dem Produkt alles machen kann.

Funktionsweise

Jedes Beacon besitzt eine eineindeutige Identitätsnummer. Diese Nummer sendet das Beacon permanent aus, ähnlich wie ein Leuchtturm, der ständig Licht abstrahlt. Der Name Beacon leitet sich denn auch aus dem englischen Begriff für „Leuchtfeuer“ ab. Das Senden der Identitätsnummer basierend auf Bluetooth Low Energy benötigt so wenig Strom, dass ein Beacon 1–2 Jahre ununterbrochen senden kann.

Mit drei Beacons lässt sich via Triangulation der Standort einer Person bestimmen und mit 4 Beacons sogar die genaue Anordnung im 3D-Raum.

Entfernungssensor

Das Handy erkennt die Abstände und kann so innerhalb eines Gebäudes den eigenen Standort bestimmen.

Location based Marketing

Der Begriff «Location based Marketing» oder auch „Proximity-Marketing“ (Proximity = Nähe) bezeichnet alle Marketingaktivitäten, bei denen Beacons als Hilfsmittel eingesetzt werden.

Ladenbesitzer können Beacons im Geschäft verteilen und die Besucher gezielt an spezielle Orte lenken respektive auf Produkte aufmerksam machen.

Dies kann so weit gehen, dass die Passanten auf ein spezielles Angebot im Geschäft aufmerksam gemacht werden. Sobald sie das Geschäft betreten, erhalten sie einen versprochenen Gutschein aufs Handy, werden zum Produkt geführt und können beim Verlassen des Geschäfts sogar bargeldlos bezahlen.

iBeacon für Shops

Dieses Szenario ist, zumindest was das Bezahlen anbelangt, noch eine Zukunftsvision. Das Lenken der Kunden via Beacons ist in Amerika bereits sehr weit fortgeschritten. In Deutschland fanden 2014 in verschiedenen Warenhäusern erste Versuche statt und auch in der Schweiz hat die SBB im Jahre 2015 den Zürcher Bahnhof mit Beacons ausgestattet, um die Bahnhofsbesucher auf konkrete Angebote aufmerksam zu machen und eine Indoor-Navigation zu ermöglichen.

Marketingmässig handelt es sich dabei keinesfalls um ein Bespammen von Personen mit Nachrichten, wie das oft bemängelt wird. Denn solange nicht aktiv die App heruntergeladen und aktiviert ist, sind Mitteilungen nicht möglich. Somit kann jede/jeder selbst bestimmen, von welchem Geschäft er/sie Nachrichten erhalten möchte, was den Prinzipien des Permission-Marketings entspricht.

Noch ist nicht sicher, ob sich Bluetooth-Marketing in der Schweiz durchsetzen wird. Voraussetzung dafür ist, dass jemand nicht nur eine entsprechende App heruntergeladen, sondern auch Bluetooth aktiviert hat. Es empfiehlt sich jedoch, sich frühzeitig zu überlegen, ob diese Technologie für das eigene Geschäft nicht Möglichkeiten bietet, die Kunden gezielter durchs eigene Angebot zu führen und sie für ihre Treue auch zu belohnen.

Beacons – Anwendungsfelder und Beispiele

Bisherige Diskussionen im Bereich Beacon-Anwendungsfelder richten sich primär auf den stationären Handel. Wie können Händler mit Beacons das Einkaufserlebnis für potenzielle Kunden optimieren? Diese Diskussion liegt nahe, geht jedoch nicht weit genug. Die Fachpresse sieht fünf weitere Industrien, die von der Beacon-Technologie betroffen sein könnten:

  • Bildung und Ausbildung
  • Dating
  • Consumer Elektronik
  • Events
  • Sport

Jede Industrie ist auf ihre Art und Weise einzigartig und prädestiniert für den Einsatz der Beacon-Technologie.

Beacons in Bildung und Ausbildung

Anwesenheitskontrolle ist vor allem in europäischen Schulen ein Thema. Die Lehrer müssen die Vollständigkeit einer Klasse feststellen. Eltern möchten Sicherheit, ob ihre Kinder auch wirklich gesund und ordnungsgemäss in der Schule oder Ausbildung angekommen sind. Grosse Universitäten mit überfüllten Hörsälen müssen während Prüfungen feststellen, ob alle gemeldeten Studenten anwesend sind.

Mobile Apps mit Fokus auf Beacon-Technologien bieten sich dafür an, wie z.B. die mobile App „BeHere“. Die App wurde entwickelt zum Anwesenheitsmanagement von Schülern und Studenten für Lehrer und Professoren. Sie hilft eher schüchternen Schülern, mit dem Lehrer oder Professor in Kontakt zu treten, ohne sich vor der ganzen Klasse melden zu müssen.

Behere-App

Die BeHere-App kontrolliert die Anwesenheit der Studenten und ermöglicht Mitteilungen mit Lehrperson

Voraussetzung ist, dass alle Schüler und Studenten mit einem Beacon oder einem Smartphone mit Beacon-Gerät ausgestattet sind.

Mithilfe der Abstandsmessung können Lehrer nun feststellen, welche Schüler im Raum sind und welche nicht. Über einfache Buttons können Schüler Hilfeanfragen an den Lehrer schicken, der diese dann der Reihenfolge nach abarbeiten kann.

Der Erfolg dieses Ansatzes bleibt abzuwarten. Die Idee ist sehr gut, die Technik ist reif, offen ist die Akzeptanz unter Schülern und Lehrern. Ist so etwas gewünscht? Ist es realistisch, jeden Schüler mit einem Smartphone oder Beacon auszurüsten? Ist es freiwillig oder verpflichtend?

Weitere Anwendungsfelder im Bereich Ausbildung sind:

  • Schulwegüberwachung: Eltern können kontrollieren, ob und wann ihre Kinder in der Schule ankommen
  • Förderung unterschiedlicher Leistungsklassen: Innerhalb eines Klassenzimmers können Schüler anhand ihrer Leistungsfähigkeit in Lerngruppen sortiert werden, um ihnen dann den jeweils passenden Lernstoff elektronisch zur Verfügung zu stellen
  • Messaging: Kommunikation und Austausch von Unterrichtsmaterial via Beacon-Technologie

Beacons im Bereich Dating

Die Partnersuche ist ein zweites grosses Anwendungsfeld für Beacon-Technologie, das auf der Hand liegt. Die physische Nähe zu einer Person ist eine erste Voraussetzung, um ins Gespräch zu kommen und den passenden Partner zu finden.

Mobile Apps sind bereits im Einsatz. So versucht die App „Blinq“ Menschen miteinander zu verbinden, die sich in unmittelbarer Nähe zueinander befinden.

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Dating-App mit Beacon

Die Technik ist einfach. Über die App entscheidet der Nutzer, welches Profil er spannend und interessant findet. Ähnlich zur App „Tinder“, kann der Nutzer sein Interesse über ein kurzes „Hi“ bekunden.

Befindet sich der Nutzer nun ein einer Bar oder in einem Restaurant, informiert die App den Nutzer über Menschen, für die sich der Nutzer interessiert und die ebenfalls in räumlicher Nähe sind.

Darüber hinaus sind weitere Anwendungsfelder denkbar für Beacon im Bereich Dating:

  • Beacon-Technologie könnte helfen, Menschen mit gleichen Interessen oder Leidenschaften im Rahmen von Sportveranstaltungen oder grossen Events zusammenzubringen
  • Im Bereich Speed-Dating könnten Beacons zusätzliche Informationen übertragen, die aus einem kurzen Gespräch nicht hervorgegangen sind
  • Ein Veranstalter könnte Beacon-Technologie nutzen, um Heimfahrten, Dates oder Getränkebestellungen zu organisieren

Die Anwendungsfelder sind sehr weitläufig. Wichtig ist, einen real existierenden Anwendungsfall zu finden, der mit Hilfe von Beacons noch besser umgesetzt werden kann.

Beacons im Bereich Consumer und Home Electronics

Im privaten Haushalt eröffnen Beacons ganz neue Möglichkeiten, die eigenen Prozesse und Abläufe zu optimieren.

Die App „Launch Here“ ist so eine Beacon-Anwendung. Stellen Sie sich vor, Ihre Geräte in der Küche oder im Wohnzimmer sind mit Beacons ausgestattet. Sobald Sie z.B. in die Nähe des Kühlschranks kommen, erkennt der Kühlschrank dies und schickt Ihnen einen aktuellen Einkaufszettel mit Produkten, die ausgegangen sind.

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Gleiches gilt für den Fernseher. Sind Sie in der Nähe oder haben Sie auf der Fernsehcouch Platz genommen, so öffnet sich die App und bietet Ihnen an, mit einem Klick Apple TV oder Netflix zu starten. Alternativ zeigt die App Ihnen eine Liste Ihrer aktuellen Lieblingsserien an, die Sie per Knopfdruck starten können.

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Das Handy wird zur Fernbedienung, sobald Sie sich in der Nähe der Polstergruppe befinden

Die Kernidee ist, heute „dumme“ Möbel und Geräte wie Couch, Fernseher oder Kühlschrank mit Intelligenz zu versehen, die aktiviert wird, sobald Sie sich in der Nähe befinden.

Mithilfe von Beacon können Geräte nun kommunizieren

Auch hier ist es wichtig, sinnvolle Anwendungsfelder zu identifizieren und zu realisieren. Ein Fernseher, der angeht, wenn ich nur daran vorbeilaufe, ist nur bedingt sinnvoll. Auch haben wir keine Lust, von jedem Gerät in unserem Haushalt im Minutentakt mit Informationen gefüttert zu werden. Doch dies ist alles nur eine Frage des Programmierens – und eine Frage der Ideen.

Beacons im Rahmen von Events und Konferenzen

Das Anwendungsfeld ist gross. Die diesjährige SXSW-Konferenz in den USA, ein jährliches Treffen der weltweiten Musik, Film und Interaktiv-Branche, setzte Beacons ein. Ziel war es, den Teilnehmern schnelleren Zugang zu ihren Eintrittsbadges zu geben und sie aktiver in ihren Sessions mitwirken zu lassen (durch z.B. Live-Diskussionen oder Live-Umfragen).

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Beacon-Einsatz an der SXSW-Konferenz in den USA

Die „Around Me“ Funktion hilft Teilnehmern, schneller in Kontakt zu kommen mit gleichgesinnten Teilnehmern oder Veranstaltungen zu entdecken, die auf das Teilnehmerprofil passen.

Für Sponsoren eines Events oder einer Konferenz könnte Beacon-Technologie helfen, ausgesuchte Inhalte Konferenzteilnehmern zuzuspielen, sobald sie in die Nähe des Standes eines Sponsors kommen. Je nach Teilnehmer könnten die Inhalte dann auf die jeweiligen Interessen abgestimmt werden.

Beacons im Rahmen von Sport und Sportevents

Auch im Bereich Sport gibt es eine grosse Palette von Anwendungsfeldern für die Beacon-Technologie. In den USA wurden Baseballstadien mit Beacons ausgestattet, um Stadionbesuchern die Möglichkeit zu geben:

  • im Stadion einzuchecken und sich mit Freunden und Bekannten zu vernetzen, die auch anwesend sind
  • Sportteams versenden individualisierte Nachrichten an alle im Stadion anwesenden Zuschauer
  • Händler im Stadion können Angebote für Pausensnacks und Drinks an alle Zuschauer versenden

Ziel der Anwendung ist es, das Erlebnis des Stadionbesuchs für Zuschauer noch spannender zu machen.

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Beacons in Sportstadien

Im Zeitalter moderner TV-Übertragungen und grosser Plasmabildschirme könnten Sportteams und Stadionbetreiber noch mehr Argumente ins Feld führen, um die Fans in die Stadien zu locken.

Gerade die personalisierte Kommunikation zwischen Sportteam und Zuschauer hat hier das meiste Potenzial. Beacons sind für beide Parteien ein Gewinn.

Beacon im Zürcher Bahnhof

Nicht nur im Ausland werden Beacons bereits eingesetzt. Auch die SBB vertraut auf diese Technologie und hat im Bahnhof Zürich über 1000 Beacons platziert. Wenn Sie die App „Mein Bahnhof“ herunter laden, können Sie von folgenden Funktionalitäten profitieren:

  • Sie erhalten Informationen zu Geschäften und Services am Bahnhof (Öffnungszeiten, Angebot, Standort etc.).
  • Sie finden den optimalen Weg zu Haltestellen, Gleisen, Geschäften und Services am Bahnhof.
  • Es werden Ihnen barrierefreie Wege angezeigt, wenn Sie mit schwerem Gepäck, Kinderwagen, Velo oder Rollstuhl unterwegs sind.
  • Sie profitieren von Rabattcoupons vor Ort.
  • Sie wissen, wo im Bahnhof Sie gerade sind.

Die Funktionalitäten im Detail

Den Umstieg planen.

Sie müssen laut Fahrplan in 6 Minuten von Gleis 21 zur Haltestelle „Bahnhof Sihlquai“. Reicht die Zeit? Wie laufen Sie am besten ohne Umwege? Planen Sie Ihren Umstieg doch kurz vor Ankunft im Zug stressfrei bereits vor. Wenn Sie sich unterwegs doch verirren, zeigt ihnen „Mein Bahnhof“, wo Sie sich befinden.

Den Bahnhof erkunden. Zeit vertreiben
Auch Ortskundige finden interessante Geschäfte und Services, die sie bislang nicht kannten.

Einen bestimmten Ort finden
Sie müssen dringend auf das WC, wollen noch Blumen und Medikamente kaufen und ein paar Lebensmittel besorgen? Lassen Sie sich von „Mein Bahnhof“ beraten, wo sich diese Dinge in der Nähe Ihres jetzigen Standorts befinden. Vielleicht erhalten Sie sogar einen passenden Rabattcoupon, den Sie direkt einlösen können.

Anderen helfen
Jemand fragt Sie nach dem Fundbüro? Mit „Mein Bahnhof“ können Sie schnell helfen. Fundbüro suchen, Standort auf dem Plan anzeigen und bei Bedarf sogar die Route berechnen lassen. Jetzt können Sie den Weg erklären und ein dankbares Lächeln empfangen.

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Eine der ersten Beacon-Anwendungen in der Schweiz

„Mein Bahnhof“ richtet sich an:

  • Bahnreisende.
  • Ortsunkundige
  • Touristen
  • Freizeitreisende
  • Geschäftsreisende
  • Pendler
  • Bewegungseingeschränkte
  • Bahnhofbesucher
  • Laufkundschaft
  • Abholer von Reisenden

Kritischer Umgang mit Beacons notwendig

Die Beacon-Technologie ist eine sehr generische Technologie, die in vielen Industrien eingesetzt werden kann. Die Beispiele zeigen die Vielfalt an positiven Anwendungsfällen. Dennoch sollte mit Beacons kritisch und reflektiert umgegangen werden:

  • Mit Beacons betreten App-Betreiber einen empfindlichen Bereich des Datenschutzes, der sorgfältig geprüft und abgewägt werden sollte.
  • Beacons werden sich nur dann durchsetzen, wenn der Anwendungsfall ein echtes Problem einer definierten Nutzergruppe löst.

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